Roswita Schilling

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Konzept: Text&Media

 

Der folgende Artikel erschien in:
espresso, Business, Politik, Kultur für die Frau
Nummer 5, Mai 1999
ürme

.für Ihre Stimme

Roswita Schilling: Sich selber sein - Raum einnehmen!
von Regula Steinmann-Feller

.für Ihre Stimme

Man kennt ihre Stimme von verschiedensten Sendungen auf DRS 1, 2 und 3. Fast ein Vierteljahrhundert war sie für die radiointerne Sprechausbildung zuständig. Jetzt macht sich Roswita Schilling mit dem Unternehmen "Frauenstimme" selbständig. Sie will Frauen ermächtigen, sich selbst und ihre Ansichten wirkungsvoller zu vertreten.

Roswita Schilling erwartet mich vor ihrem Atelier in Arlesheim, hell und einladend dank der riesigen Fen­sterfronten auf Nord und Südseite, lichtdurchflutet selbst bei trübem Wetter. Die offene und grosszügige Atmosphäre des Raums passt zu sei­ner Bewohnerin, die mich mit einer Herzlichkeit empfängt, als wären wir alte Bekannte. Sie hat sich auf das Interview gefreut und ist gut vorberei­tet: "Bescheidenheit ist für mich ein ganz besonderes Thema, weil ich selbst eine lange Geschichte der Schüchternheit hinter mir habe", eröffnet Roswita Schilling das Ge­spräch. "Ich war ein sehr introvertier­tes Mädchen, wahrscheinlich das schüchtemste Mädchen, das je an der Schauspielschule war." Gerade das aber war verantwortlich für ihre Be­rufswahl. Sie wusste, dass dies ihr schwächster Punkt war, und sie woll­te ihn überwinden.

Auf der Bühne konnte sich Roswi­ta Schilling ausdrücken, wie sie es im richtigen Leben nicht konnte. "Die Schauspielerei war sozusagen ein Schutzschild, hinter dem ich mich verstecken konnte. Ich spielte alles, von der Prinzessin bis zur feurigen Liebhaberin, sogar Prostituierte in diesen Rollen konnte ich mich ausle­ben." Nach einigen Engagements in der Schweiz ging sie in die Provinz, zu einer deutschen Landesbühne. Dort war alle 14 Tage Premiere, sie spielte immer Hauptrollen, die Regisseure viele Nachwuchstalente aus Ost­deutschland waren gut und die Pro­ben intensiv. Es war eine spannende Zeit, und Roswita Schilling lernte viel. Nach eineinhalb Jahren aber wurde das Heimweh nach der künstleri­schen Auseinandersetzung und den Menschen in der Heimat stärker, und sie kehrte nach Basel zurück. Dank ihrem vielseitigen Hintergrund war sie auch dort gefragt, spielte in Thea­ter und Film, erhielt Angebote vom Fernsehen. Dann, 29jährig und un­verheiratet, wurde sie schwanger. "Das war eine schwierige Sache, mehr noch als heute galt das 1972 als Skandal", erinnert sich Roswita Schil­ling. Nicht nur Kritik bekam sie aber zu hören, sondern auch Bewunderung und Unterstützung. Für sie selbst be­deutete die Geburt ihrer Tochter ein Bruch, der eine neue Einstellung zu ihrem Körper und ihrer Rolle im wirk­lichen Leben herbei führte: "Als al­lein erziehende Mutter konnte ich plötzlich nicht mehr bescheiden sein, musste Platz einnehmen", meint sie heute." "Die Verantwortung für meine Tochter zwang mich zur Flucht nach vorn." Sie zog zu einer befreundeten Familie nach Zürich. gegenseitig half man sich bei der l"inderbetreuung. Nach drei weiterenjahren beim Theater dann die berufliche Neuausrich­tung: "Meine Tochter gab mir den Weitblick, zu erkennen, dass ich es nicht mehr nötig hatte, mich hinter Rollen zu verstecken. Ich wollte mich selbst einbringen." Mit dem Kind auf dem Arm stellte sich Roswita Schil­ling im Radiostudio vor. Auf die Frage "Was können Sie?" antwortete sie: "Sprechen". Ihr Glück war es, dass die Ausbildung am Radio DRS gerade im Aufbau begriffen war. Der Ausbil­dungsleiter prüfte sie und gab ihr den Auftrag, sich weiterzubilden. Da es in der Schweiz keinen Lehrgang für Sprechausbilderlnnen gab, lernte sie vorwiegend autodidaktisch. Und je mehr sie lernte, desto faszinierter war sie vom Thema: "Ich sah immer mehr Zusammenhänge zwischen "Reden und 'Sich Getrauen' das wollte ich vermitteln." 23 Jahre lang ist sie bei Radio DRS geblieben, hat Sendungen moderiert und Nachwuchsjournali­stInnen ausgebildet. Man kennt ihre Stimme vom Regionaljournal, Kon­text und verschiedensten anderen Sendungen, auch an öffentlichen Ver­anstaltungen und Lesungen wirkt sie häufig und gerne mit. Diese Bekannt­heit ist eine Voraussetzung für ihr nächstes Projekt: das eigene Unter­nehmen mit dem Namen "Frauen­stimme".

Gründe für den Schritt in die Selbst­ständigkeit gab es viele. Einerseits empfand Roswita Schilling immer stärker, dass der wirtschaftliche Druck beim Radio zu mehr Hierarchie, Gerangel und beruflichem Stress führte. "Zu viel Druck macht die Stimme kaputt", sagt sie bestimmt, "für Individualität, Experiment und Unbescheidenheit bleibt dann wenig Raum." Ihre Arbeit wurde dadurch zu­nehmend unbefriedigend.

Im letzten Herbst gab ein Gespräch mit Freundinnen einen weiteren An­stoss. Die Sprache in den Medien kä­me ihnen immer perfekter und schneller, dabei aber irgendwie vorfa­briziert vor, bemerkten diese. Sie ge­trauten sich gar nicht mehr, selbst öf­fentlich das Wort zu ergreifen, weil sie ohnehin nicht würden mithalten kön­nen. Die Stimme als Machtinstru­ment, das gesellschaftliche Ungleich­heit schafft? Roswita Schilling ist da­von überzeugt: "Vor allem Männer auch Politiker oder Manager legen sich eine 'Winner'Stimme zu, die enorm viel Raum einnimmt." Zwar ist diese stimmliche Pose unecht, sie ver­hilft aber trotzdem zu Autorität und Macht gerade im Verhältnis zu Frau­en: "Frauen sind dazu erzogen, wenig Raum einzunehmen, ladylike wird mit zurückhaltend gleichgesetzt."

Leider seien sich Frauen der Wir­kung von Stimme und Sprache noch viel zu wenig bewusst, hält Roswita Schilling fest. "Stimme ist Macht denken Sie nur an die enorme sug­gestive oder auch erotische Wirkung, die eine Stimme haben kann. Macht ist gut, wenn sie Grenzen setzt, ohne die Grenzen anderer zu überschrei­ten." Genauso verhält es sich mit dem Machtinstrument Stimme: Durch den selbstbewussten Gebrauch der Stim­me sollen Frauen den ihnen zuste­henden Raum einnehmen, ohne den Raum anderer zu verletzen. Nur so können Frauen ihre Gedanken und Gefühle in der Gesellschaft stärker einbringen. Gerade in der Wirtschaft erscheint ihr dies wichtig: Mensch­lichkeit, ökologische, soziale und ethische Anliegen würden dann mit Sicherheit mehr Gewicht erhalten und das sei dringend nötig.

Nach 23 Jahren beim Radio ist sie von den neuen Herausforderungen bei der Arbeit mit UnternehmerInnen und Dozentinnen begeistert. Praxisbezo­gene Fragen wie "was mache ich, da­mit der Stift auf dem Hellraumpro­jektor nicht zittert?" oder "wie errei­che ich, dass meine Mitarbeiter die Firmenziele nicht nur verstehen, son­dern auch zur eigenen Sache ma­chen?", gehören zu den vordringlich­sten Anliegen. Hierzu betont Roswita Schilling, dass sie auf keinen Fall Sprechkosmetik betreiben will: "Ich vermittle nicht Tipps und Tricks, wie man besser ankommt, ich mache kei­ne oberflächliche Verkaufsrhetorik. Was es braucht beim Reden, ist nicht blosse Ästhetik, sondern eine eigen­ständige Haltung und klares Denken." Konsequent orientiert sich deshalb ihre Sprechausbildung am Grundkon­zept des kommunikativen Dreiecks: Person Inhalt Publikum.

Mit einem geschärften Bewusst­sein für Betonung, Pausen, Tempowechsel, Satzmelodie und Klangfar­be, mit kurzen, einfachen Sätzen und übersichtlicher Gliederung, mit offe­ner Mimik und lebendiger Gestik lässt sich die Aufmerksamkeit des Pu­blikums wach halten. "Sprache muss attraktiv sein, klar verständlich und keinesfalls langweilig Langeweile ist das Schlimmste, das es gibt", meint Roswita Schilling. Zentral ist bei alle­dem eine gute Atemtechnik. Proble­me von Frauenstimmen seien prak­tisch immer Atemprobleme, erklärt sie. Spannungen und Druck beeinträchtigten die Atmung, dadurch komme es zu der gefürchteten erhöh­ten Tonlage, zu Behauchung oder Atemlosigkeit.  Diese  Spannungen müssten gelöst, die Seele, der Atem und die Stimme befreit werden. Nicht zuletzt darum wird in ihren Stunden oft gelacht. "Sprechausbildung soll entspannt, fröhlich und lustig sein sie muss gut tun."

Die Technik des Sprechens macht aber nur einen Teil und nicht einmal den wichtigsten Teil der Ausbildung bei Roswita Schilling aus. Noch grös­seres Gewicht hat der Inhalt des Ge­sprochenen: "Ein Auftritt darf nie­mals zum Selbstzweck werden, man muss eine Intention haben, wenn man spricht", sagt sie mit Nachdruck. Gros­sen Raum im Ausbildungsprogramm nehmen deshalb die Vorbereitung, das Strukturieren und Gewichten der Rede ein. Auch das Feedback der Leh­rerin oder der Gruppe ist wichtig: "Nur wenn sich die Intention mit der Wirkung deckt, ist Sprache richtig."

Der dritte Punkt im Kommunika­tionsdreieck ist das Publikum. Spre­chen ist "mitteilen", nicht zufällig ei­nes der Lieblingsworte von Roswita Schilling. Die Kunst des "Mitteilens" das Ansprechen und Einbeziehen des Publikums bildet den dritten Schwerpunkt der Sprechausbildung. Wie in den anderen Bereichen wird auch hier viel geübt, um Selbstver­trauen zu gewinnen. Immer wieder proben die Teilnehmerinnen, siche­ren Schrittes zum Podium zu gehen, den Blick selbstbewusst ins Publikum zu richten und dieses mit fester Stim­me zu begrüssen. Statt Lampenfieber sollen Frauen die innere Überzeugung haben: "Ich bin da, ihr seid da, um mir zuzuhören und ich habe etwas zu sagen! "

Am Klavier in Roswita Schillings Ate­lier hängt eine kopierte Seite aus einem griechischen Wörterbuch:

1.  körperlich, Zwerchfell, Atmungsorgan;
2.  geistig, Sinn, Seele, Geist; insbesondere Verstand, Einsicht, Gemüt, Herz, Wille.

Dass die Kehle und die Seele ganz eng verbunden sind, glaubt Roswita Schilling nicht nur wegen der alten Griechen, sondern auch aufgrund ih­rer langiährigen Erfahrung in der Sprechausbildung. Ein weiteres ihrer Lieblingsworte heisst deshalb "Per­son", hergeleitet von "personare" "durchklingen": "Durch die Stimme offenbart sich Geistiges und Körperli­ches, Gedanken und Gefühle; dadurch erst wird der Mensch zur ganzheitli­chen Person."

Umso wichtiger ist ihr, dass Frau­en die Stimme als Teil ihrer Persön­lichkeit wahrnehmen und mögen: "Viele Frauen haben ihre Stimme nicht gern", bedauert Roswita Schil­ling. "Wie beim Aussehen orientieren sie sich an Idealbildern, die von den Medien, und damit oft von den Män­nern, geprägt werden." Gemäss gel­tenden Wertvorstellungen steht eine tiefe Stimme für Autorität und Kom­petenz, während höhere Tonlagen als emotional und weniger glaubwürdig eingestuft werden. Dagegen wehrt sich Roswita Schilling energisch: "Die Stimme ist das individuellste Merkmal jedes Menschen  und jede Stim­me ist wunderschön, wenn man sie richtig einsetzt." In ihren Kursen soll deshalb jede Teilnehmerin zuallererst den Grundton der eigenen Stimme finden, annehmen und optimal nut­zen. Erst anschliessend werden tiefe und hohe Resonanzen als zusätzliche Stilmittel eingeübt, wobei je nach Si­tuation verschiedene Tonfarben be­tont werden können. "Die Sprache ist ein Instrument. Das Instrument kann eine Geige oder ein Kontrabass sein mit beiden lassen sich einmalige Melodien spielen."